ZEITGESPRÄCHE mit Gerhard Schmid

Gerhard Schmid

25 Christiane Druml im ZEITGESPRÄCH mit Gerhard Schmid

Dr. Christiane Trummel, Vorsitzende der Bioethikkommission Österreich, spricht über bioethische Themen wie Corona, Reproduktionsmedizin und künstliche Intelligenz. Empfehlungen zu Impfpflicht und assistiertem Suizid werden diskutiert.

14.04.2021 31 min

Zusammenfassung & Show Notes

Gespräche auf Augenhöhe, auf Höhe der Zeit: Die „ZEITGESPRÄCHE“ sind ein eindrückliches Zeugnis von Anstand und Respekt.

Zeit für Gespräche – Zeit für Antworten. Gerhard Schmid liefert mit seinen „ZEITGESPRÄCHEN“ beides. Und das zur richtigen Zeit. Denn mit dieser Reihe gelingt, was in der Eile des Alltags oft leider zu kurz kommt: Erfahrung und Persönlichkeit zusammenbringen. Das Gespräch suchen und finden. Zuhören, Menschen und ihre Geschichten und Erfahrungen wirken lassen. 

In dieser Folge der Zeitgespräche sprechen wir mit Frau Dr. Christiane Trummel, der Vorsitzenden der österreichischen Bioethikkommission. Wir tauschen uns über verschiedene heikle Fragen der Gesellschaft aus, angefangen bei der Corona-Pandemie bis hin zur Reproduktionsmedizin, der Würde am Ende des Lebens und künstlicher Intelligenz. Die Bioethikkommission besteht aus ehrenamtlichen Wissenschaftlern verschiedener Fachbereiche und beschäftigt sich mit aktuellen bioethischen Themen. Ein wichtiges Thema, das weltweit diskutiert wird, ist die Impfpflicht, zu der die Kommission bereits eine Stellungnahme abgegeben hat. Sie empfehlen eine umfassende Aufklärung für Eltern und eine Verpflichtung für das Gesundheitspersonal. Die Kommission diskutiert diese Fragen und gibt dann Empfehlungen, die als Schnittstelle zur Politik dienen. Dabei ist es wichtig, eine einheitliche Meinung innerhalb der Kommission zu finden, da die Politik eine einheitliche Stellungnahme benötigt. Obwohl bei einigen Themen unterschiedliche Meinungen vertreten sein können, werden alle Meinungen veröffentlicht. Die Bioethikkommission setzt sowohl ihre eigenen Themen als auch Themen, die von der Politik eingereicht werden. In Österreich und anderen Ländern gibt es Bioethikkommissionen, die von der UNESCO und WHO unterstützt werden. Die Kommission in Österreich wird besonders während der Pandemie zu verschiedenen Fragestellungen befragt. Aufgrund des Drucks, Impfstoffe und Medikamente zu entwickeln, liegt der Fokus derzeit stark auf Corona, aber die Forschung in anderen Bereichen wie Malaria, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs bleibt weiterhin wichtig. Die Erforschung von Corona kann auch Erkenntnisse für andere Bereiche liefern. Nachdem die Pandemie beherrschbar geworden ist, freuen wir uns über die immense wissenschaftliche Fortschritte bei der Entwicklung verschiedener Impfstoffe. Diese Erfolge können auch auf andere Krankheiten angewendet werden und bieten neue Möglichkeiten für die Forschung. Neben Corona hat sich die Kommission auch mit Fragen zur künstlichen Intelligenz in der Medizin beschäftigt. Künstliche Intelligenz kann viele Bereiche des Lebens beeinflussen, insbesondere in diagnostischen Verfahren wie der Melanom-Diagnose oder der Nutzung von Röntgenbildern. Dennoch bleibt der Mensch unverzichtbar, da die Ergebnisse der künstlichen Intelligenz mit den betroffenen Personen besprochen werden müssen und die weitere Therapie von Ärzten entschieden wird. Ein weiteres intensiv diskutiertes Thema ist der assistierte Suizid. Die Regelungen hierzu sind in Europa uneinheitlich. In Österreich wird die Bioethikkommission sich verstärkt mit Fragestellungen zur Übertherapie, zu Palliativmedizin und Hospizwesen befassen. Wir haben festgestellt, dass der aktuelle österreichische Strafgesetzbuch-Paragraf zur Beihilfe zum Suizid, der aus dem Jahr 1934 stammt, überarbeitet werden sollte, um unschuldige Handlungen nicht unnötig zu bestrafen. Während in der Schweiz unter bestimmten Voraussetzungen medizinisch begleiteter Suizid möglich ist, lehnt die Bioethikkommission eine gewerbsmäßige Begleitung ab. Der Verfassungsgerichtshof hat einen Rahmen für den Gesetzgeber erstellt, damit eine Neuregelung gefunden werden kann. Die Haltung der österreichischen Regierung ist, dass eine rechtliche Grundlage neu gefasst werden muss. Ein weiteres Thema, das diskutiert wird, ist die Reproduktionsmedizin. In Österreich besteht seit 1992 ein Fortpflanzungsmedizingesetz, das jedoch nicht mehr den gesellschaftlichen Grundlagen entspricht. Es wurden einige Änderungen vorgenommen, wie beispielsweise die Eizellspende unter bestimmten Einschränkungen und die künstliche Befruchtung für gleichgeschlechtliche weibliche Paare. Es gibt jedoch noch Einschränkungen, wie das Erfordernis einer Lebensgemeinschaft. Die Regelungen zur Reproduktionsmedizin sind europaweit heterogen. In Bezug darauf gibt es auch Reproduktionstourismus, da die Regelungen von Land zu Land unterschiedlich sind. In einem weiteren Thema sprechen wir über den Pernkopf-Atlas, der Zeichnungen von Opfern der NS-Zeit enthält. Nach dem Krieg gab es Aufschrei, da einige Zeichner SS-Runen und Hakenkreuze in ihre Signatur gezeichnet hatten. Die Medizinuniversität hat die sterblichen Überreste der Opfer bestattet und möchte die Verbindung zwischen Medizin und Macht verdeutlichen, um solche Ereignisse in Zukunft zu verhindern. Zum Schluss bedanken wir uns bei Frau Dr. Trummel für ihre Einschätzung zu den genannten Themen und überreichen ihr symbolisch einen Honig als Zeichen von Kraft und Ausdauer. Wir wünschen ihr alles Gute für ihre Arbeit und ihre Zukunft.

Die „ZEITGESPRÄCHE“ sind geprägt von Anstand und Respekt. Vor Menschen, Werten und dem demokratischen Miteinander. Sie verbinden spannende Einblicke mit klugen Gedanken und vergnüglichen Momenten im Leben wunderbarer Persönlichkeiten.